KlientInnenperspektive

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Immer mal wieder gab es sozial Tätige mit der Überzeugung, dass nur eine gute Fachperson werden kann, wer in seinem Lebenslauf mit einer ähnlich gelagerten Problematik konfrontiert war wie seine spätere Klientel. Dieser Vorstellung entsprechend sollte je­mand, der in der Suchtberatung arbeitet, mindestens eine Entzie­hungskur am eigenen Leibe erfahren haben. Nur so könne die Kli­entin oder der Klient richtig verstanden werden.
Diese Haltung ist heute nicht mehr weit verbreitet. In der Ausbildung lernen wir uns und unser Umfeld in der Interaktion zu re­flektieren. Den meisten ist klar, dass wir die Perspektive der an­deren Seite nicht kennen, auch wenn wir oft und über lange Zeit mit unseren KlientInnen zusammen sind. Wollen wir belastbare Erkenntnisse über die Perspektiven der KlientInnen gewinnen, müssen wir sie erforschen und uns auf die Reflexionen der Kli­entInnen einlassen. Die Hochschulen haben das Thema des Ein­bezugs der Sichtweise von KlientInnen auf vielfältige Weise auf­ genommen. Differenziert ausgearbeitet wurde der Ansatz des User Involvement in der vorliegenden Heftausgabe durch Kons­tantin Kehl und Olivia Rauscher.
In den vergangenen Jahren sind mehrere Projekte zum Thema er­arbeitet worden mit dem Ziel, die KlientInnenperspektive reprä­sentativ und über die gesamte Zeitspanne der Betreuung/Bera­tung von den Betroffenen selber zu erfahren und entsprechende Instrumente für eine Optimierung der Sozialen Arbeit zu schaffen. Für eine Soziale Arbeit, die auf den Ansatz der Lebensweltorien­tierung abstützt, ist der Einbezug der Perspektive der AdressatIn­nen zentral. Dies wird in den Beiträgen von Claudia Daigler, Cla­rissa Schär sowie im Artikel von Karin Werner, Renate Stohler und Jessica Wendland deutlich. Aurelia Spring zeigt uns auf, wie wir Einblick in die Perspektive von Menschen gewinnen können, die «hard to reach», also nicht leicht zu erreichen sind. Ronald Lutz geht unter anderem der Frage nach, wie die Sichtweise von Kli­entInnen durch die Definitionsmacht von Professionellen beein­flusst wird und wie wir diesem Prozess in einer dialogischen Pra­xis entgegentreten können.
In unserem Schwerpunkt dürfen Stimmen von KlientInnen nicht fehlen. In zwei Interviews berichten Betroffene eindrücklich, wie sie die Zusammenarbeit mit den Fachpersonen der Sozialen Arbeit erleben. Wir wünschen Ihnen eine angeregte Lektüre und hoffen, dass wir alle weiterhin – ganz im Sinne der Professionalität – im­mer mal wieder die Brille unseres Gegenübers aufsetzen können.