Hilfen zur Erziehung

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Wenn eine angemessene Förderung und Erziehung nicht möglich ist, haben die betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern Anspruch auf Hilfen zur Erziehung. Dieser in der Schweiz relativ neu eingeführte Begriff umfasst die Angebotspalette der intensiven ambulanten und stationären Leistungen der Kinderund Jugendhilfe wie beispielsweise sozialpädagogische Familienbegleitung oder Heimerziehung.
Der Anteil der Jugendlichen mit einem Bedarf an Hilfen zur Erziehung ist klein. In dieser Gruppe gibt es nochmals einen kleinen Anteil an Jugendlichen, die auch das Helfersystem an seine Grenzen bringen. Auch wenn sich diese sogenannten «Systemsprenger » bezogen auf alle Jugendliche in der Schweiz numerisch im Promillebereich bewegen, binden sie einen Grossteil der Ressourcen in Fachdiensten, Kindesschutzbehörden und Heimen und bringen teilweise auch erfahrene Fachleute an den Rand der Verzweiflung und Erschöpfung.
Wie kommt es zu diesen schweren Krisen im Jugendalter? Während die Kinder- und Jugendpsychiatrie den einzelnen Jugendlichen in den Blick nimmt und beispielsweise eine Störung des Sozialverhaltens diagnostiziert, legt die Soziale Arbeit den Fokus traditionell eher auf systemische und soziologische Ursachen. Einig ist man sich heutzutage aber weitgehend darin, dass eine erfolgreiche Betreuung und Behandlung dieser Jugendlichen nur in der Kooperation von Sozialer Arbeit und Kinder- und Jugendpsychiatrie gelingen kann.
Obwohl die Begleitung und Betreuung von Jugendlichen in besonders schweren Lebenssituationen zu den anspruchsvollsten Aufgaben in der Sozialen Arbeit gehört, stehen Fachpersonen dafür wenig spezifische Werkzeuge zur Verfügung. In letzter Zeit sind zwar neue Instrumente im Bereich Kindesschutz entwickelt worden, diese fokussieren aber auf Kindeswohlgefährdungen wie Misshandlung oder Vernachlässigung durch die Eltern und sind bei schweren Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter nur bedingt anwendbar.
Ein Mangel herrscht auch bei den ambulanten und stationären Angeboten für «Systemsprenger». Die Schweiz verfügt zwar über eine grosse Auswahl an qualitativ gut arbeitenden Anbietern von Hilfen zur Erziehung, aber oft fehlt es an der Möglichkeit, für Jugendliche in besonders belasteten Situationen ein massgeschneidertes Angebot zu entwickeln. Seitdem «Carlos» und «Boris» über den medialen Boulevard gezerrt wurden, zögern vermehrt auch Behörden und Ämter, «Sondersettings» zu bewilligen beziehungsweise zu finanzieren.
In diesem Schwerpunkt finden sich neben Beiträgen, die mögliche Ursachen schwerer Krisen im Jugendalter beleuchten, eine Reihe von Artikeln, die Angebote für unterschiedliche Zielgruppen der Hilfen zur Erziehung vorstellen, nicht nur für junge Männer wie «Carlos». Denn Ziel aller Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe muss es sein, Krisen von Kindern, Jugendlichen und Familien rechtzeitig aufzufangen – bevor sie eskalieren und schliesslich Schlagzeilen machen.